Das Problem des Klerus

José Comblin

Es gibt in der katholischen Kirche ein wachsendes Bewusstsein da­von, dass sich alle pastoralen Probleme um ein fundamentales Pro­blem konzentrieren, und das ist das Problem des Klerus. Dabei geht es nicht um Personen, sondern um Strukturen. Das, was in Frage gestellt wird, ist die Art der Ausbildung des Klerus, das Modell, das man den Schülern vermitteln will und das immer unangemessener wird. Nun, im geltenden kanonischen Recht bedeutet der Priester immer noch alles und der Laie nichts, oder nur ein wenig mehr als nichts. Denn alle Richtungen, die in der Pastoral eingeschlagen wer­den, gehen vom Priester aus, entweder von den Diözesen oder von den Pfarreien. Die schönen Worte, mit denen die Rechtssätze in der neuen Ausgabe des Codex Iuris Canonici formuliert werden, ändern an dieser Situation überhaupt nichts.

comblinDie zukünftigen Priester werden darauf vorbereitet, Pfarreien zu verwalten und dafür die Welt zu evangelisieren. Nun, die Pfarreien erreichen nur einen kleinen Teil derer, die sich noch als Katholiken verstehen. Die große Mehrheit der Bevölkerung steht jedoch verlas­sen da und hat keinen Kontakt mehr mit der Kirche als Institution. …
Es gibt einige Priester, die ausreichend Persönlichkeit besitzen, um die Grenzen ihrer Ausbildung zu überschreiten, aber man kann nicht erwarten, dass viele von ihnen diese Fähigkeit besitzen. In der neuen städtischen Gesellschaft funktioniert die Gemeinde wie ein Ghetto, eine geschlossene Welt, die zur Selbstgenügsamkeit tendiert, die dazu neigt, das gesamte Leben der in ihr Lebenden zu bestimmen. Auf diese Weise entzieht die Gemeinde die Laien ihrer Welt und versucht alle Energien der Gemeindeglieder für sich in Anspruch zu nehmen. Die Pfarrei begründet eine Subkultur, die eine unüberwindbare Bar­riere um sich herum aufbaut: Die draußen fühlen sich ausgeschlossen. Deshalb fliehen viele, vor allem diejenigen, die gesellschaftlich enga­giert sind, aus der Gemeinde und verlieren so auch den Kontakt zur Kirche. Der Klerus ist nicht an den Orten präsent, an denen sich ihr Leben entwickelt.
Deshalb verfügt der Klerus weder über die Fähigkeit oder die Vor­aussetzungen noch über die persönli­che Vorbereitung, um zu evan­­ge­lisieren. Er wartet darauf, dass die Gläubigen kommen, aber er geht nicht auf die Welt zu. Er ist weder mental, psychologisch noch intel­lektuell für einen gleichberechtigten Dialog mit den Männern und Frauen vorbereitet, die in der gegenwärtigen Welt leben. 25 Jahre lang wurde immer wieder an eine neue Evangelisierung appelliert und noch immer gibt es sie nicht. Warum? Weil es eine Struktur gibt, die sie verhindert. Es gibt niemanden, der diese neue Evangelisierung in die Praxis umsetzen würde. …
Die priesterliche Spiritualität der französischen Schule des 17. Jh. machte aus dem Priester einen auserwählten, geheiligten und für die Liturgie bestimmten Mann. Dieses Modell funktioniert heute nicht mehr. …
Unglücklicherweise ist es nicht wahrscheinlich, dass das Priester­problem in absehbarer Zeit behandelt werden würde. Das wahr­schein­lich­ste ist, dass die Hierarchie sich den Legionären Christi und anderen fanatischen und fundamentalistischen Priesterbewegungen ausliefert, die ihnen versprechen, das quantitative Problem der Pries­terzahlen zu lösen und die Welt mit Eroberer-Priestern über­schwemmen werden. Auf diese Weise wird das Problem wieder ver­tagt, aber nicht wirklich gelöst. Denn die Legionäre Christi werden die Welt nicht evangelisieren.

Das „Schweigen der katholischen Soziallehre“ 1

… Zweitens hat die katholische Soziallehre kaum Auswirkungen auf die gegen­wärtige Gesellschaft. Sie scheint keine Wirkmächtigkeit zu haben, gesellschaftliche Veränderungen hervorzurufen. Diesbezüglich ist die aktu­elle Situation zu der des II. Vatika­nums wohl sehr unter­schied­lich. … Man kann der Soziallehre legitimerweise einen gewissen Einfluss auf die Durchsetzung des Sozialstaates zuschrei­ben, wie er in Westeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg installiert wurde. Heutzutage ist der Einfluss der katholischen Soziallehre mit Sicherheit wesentlich geringer.
Drittens schlug das II. Vatikanum absolut keinen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel vor. In dieser Zeit schien der Episkopat ziemlich optimistisch zu sein, was die Einschätzung der da­maligen Situation anging, und er war bzgl. der Zukunft zuversichtlich. Es schien so, als glaubte man, der Sozialstaat sei die Lösung aller Pro­bleme der Welt. Das Konzil konnte die triumphale Rückkehr des Liberalismus in den siebziger und den folgenden Jahren nicht voraus­sehen. Niemand hatte diese Situation vorausgesehen. Aber man hätte dem kapitalistischen System gegenüber an sich kritischer sein können. …
Nun, bis jetzt gibt es ein großes Schweigen der Kirche über den Kapitalismus an sich. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte haben jedoch einiges gelehrt. Es reicht nicht, den wilden oder extremen Kapitalismus zu kritisieren, wir müssen zum Ausdruck bringen, was das kapitalistische System an sich für einen Christen bedeutet. Alle gemeinsam müssen nach einem anderen Gesellschaftsmodell suchen. Dieses kann nicht auf einmal entstehen, sondern wird das Ergebnis vieler Veränderungen sein. Aber wir müssen wissen, wohin wir wol­len, wohin wir kommen müssen. Wir müssen alle Bewegungen ermu­tigen und unterstützen, die alternative Gesellschaftsmodelle entwi­ckeln oder dafür kämpfen, um einige neue Strukturen durchzusetzen, die von einem neuen Modell inspiriert sind.
… Ein weiteres Problem ist die strukturelle Ar­beitslosigkeit. Seit zwanzig Jahren befinden wir uns in einem Krieg der Unternehmen gegen die Gewerkschaften, die nun sehr ge­schwächt sind. Damit fahren die Unternehmen in der ganzen Welt fort, die Löhne der Arbeiter zu drücken: Arbeiter haben immer weni­ger Anteil am Bruttoinlandsprodukt. …
Aber es gibt noch etwas viel wichtigeres. Das soziale Handeln der Kirche seit Leo XIII. wurde durch Lehrdokumente vermittelt durch­geführt. In dieser Zeit schenkte man geschriebenen Dokumenten noch Aufmerksamkeit. Heutzutage gibt es eine solche Flut von Do­kumenten, dass ihnen niemand mehr Aufmerksamkeit schenkt. Wir brauchen bedeutsame Gesten. Wir brauchen symbolische Gesten im geeigneten Moment unter gut gewählten Bedingungen. Man braucht keine universale Lehre zu verkünden. Die Kirche muss sich zu be­sonderen Gelegenheiten an einmaligen Orten und Zeiten ausdrücken, um verständlich zu machen, worin ihre Botschaft besteht. Nur spek­takuläre Gesten erheischen Aufmerksamkeit, wie z. B. der Hunger­streik des Bischofs von Barra, Luis Flávio2 . Alle Fernsehsender waren gezwungen, über dieses Ereignis zu berichten. Wenn die Brasiliani­sche Bischofskonferenz ein Dokument zu diesem Thema veröffent­licht, interessiert das niemanden.
Das soziale Zeugnis der Kirche muss sichtbar werden, verankert im Bedeutsamen, von bedeutsamen Personen gegeben. Der Papst lockt das Fernsehen stärker an als ein Bischof, ein Bischof mehr als ein Priester und ein Priester mehr als ein Laie. Diejenigen, die stärker der Öffentlichkeit ausgesetzt sind, haben eine größere Verantwor­tung.
Im Falle der Soziallehre der Kirche brauchen wir ein soziales Zeugnis der Kirche. Das Problem besteht darin, dass Do­ku­mente nicht verpflichten, öffentliche Zeichen aber verpflichten. Für die vatikanische Bürokratie wie für jede Büro­­kratie ist genau das das Problem: Wie den Eindruck vermitteln, dass man Position bezieht, ohne eine Position zu bezieh­en? Dafür eignen sich Dokumente her­vorragend. Sie sind mit so vielen Farbtönen, so vielen Konturen, soviel Stil und Eigenschaften redigiert, dass sie den Eindruck vermit­teln, als würden sie etwas sagen, und sagen doch nichts.

Die zwei Optionen

In Medellín und Puebla haben die Repräsentanten der lateinamerika­nischen Bischöfe die Option für die Armen getroffen. Diese Option wurde von der römischen Kirche nie akzeptiert, sondern bekämpft. … In der Pra­xis hat sich die Option für die Armen in den Kirchen insgesamt nie durchgesetzt, weil diese direkt nach Puebla eine größere Annäherung an die Bourgeoisie durch die sog. „neuen Bewegungen“ suchten. Die tatsächliche Richtung der Kirche wurde immer mehr von diesen so­genannten „Bewegungen“ bestimmt, die ausschließlich bürgerliche Bewegungen mit einer konservativen Theologie waren.
Heutzutage taucht die Frage angesichts der Verschlechterung der sozialen Verhältnisse, angesichts der wachsenden Anfechtung in der ganzen Welt gegen das System neoliberaler Globalisierung wieder auf: Steht die Kirche zu Gunsten der Reichen oder der Armen ein? Es handelt sich dabei nicht nur um eine Frage von bloßen Worten. In Worten sind alle für die Armen und alle erklären sich zum Dienst für die Befreiung der Armen bereit. Aber die Diskurse bedeuten nichts. Man muss die Taten und konkreten Ergebnisse in den Blick nehmen.
Eine Option für die Reichen ist sehr gut möglich und stellt eine starke Versuchung dar. Es ist die Option für die Macht. … Die neoliberalen Regierungen fühlen, dass ihre soziale Basis immer schwächer wird. … Sowohl die Regie­run­gen als auch die Wirtschaft können die ideologische Unterstützung, die ihnen die Kirchen geben können, zu schätzen wissen. Und die Mächtigen können die Hilfe, die ihnen die Kirchen geben können, großzügig zurückgeben. Bereits das Schweigen der Kirche über die existierenden Verhält­nisse ist eine große Hilfe. Das Schweigen besitzt eine sehr starke stabilisierende Wirkung. Um eine Option für die Macht zu treffen, würde es ausreichen, die dominierende Linie weiterzuführen. Zur Zeit akkumuliert die Kirche vor allem in Lateinamerika Macht und Instrumente der Macht. Das Opus Dei zeigt den Weg und viele andere Bewegungen folgen der Fahne der Macht. Sie schweigen angesichts der sozialen Verhältnisse und nutzen die Möglichkeiten, die ihnen die kapitalistische Gesell­schaft bietet – und davon gibt es viele.
option-1.jpg Ist eine Option für die Armen im Sinne von Medellín und Puebla gegenwärtig möglich? Die Verhältnisse haben sich verändert und der Inhalt einer Option für die Armen ebenfalls. Heute würde sie bedeu­ten, präsent zu sein innerhalb der Gesamtheit von Organisationen, die gegen das gegenwärtige Modell kämpfen. Sie wäre eine Präsenz der Kirche inmitten der Armen, was nur durch die Förderung von Missionaren aus dem Volk selber möglich wäre, da der Klerus in seiner gegenwärtigen Verfassung keine Voraussetzungen dafür be­sitzt, diesen Weg zu gehen. Es hieße, die notwendige Autonomie der Basisgemeinden unter ihrer eigenen Leitung zu gewähren.
Ein günstiger Umstand dafür ist, dass einige Teile der Hierarchie kürzlich entdeckt haben, dass die großen Massen des Volkes die ka­tholische Kirche verlassen. Dieses neue Bewusstsein könnte eine Nachdenklichkeit und den Willen hervorrufen, zu verhindern, dass dieser Auszug komplett voll­zogen wird. … Es wäre jedoch erforderlich, den Mut zu haben, notwendige Institutionen und Räume zu schaffen, die eine wahre Kirche der Basis hervorbringen könnten. … Wenn die Kirche die Menschen wirklich halten will, muss sie … ihre Strukturen selbst ändern. Der Klerus wird diese Aufgabe nicht übernehmen. Daher müssen wir dringlichst einen anderen Typus des Amtes vorbereiten, der von der Basis ausgeht und missionarisch ist.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt befindet sich die Institution wie in einer Wartehaltung. Viele warten darauf, dass aus Rom eine Richtung vorgegeben wird. Aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass von dort eine Richtung vorgegeben wird. Die Bürokratien geben keine Rich­tung an. Deshalb ist das Warten oftmals sinnloses Warten.
Wir erwarten das Kommen authentischer Personen, die die Be­wegung anstoßen und leiten. Ohne prophetische Führungen wird nichts geschehen. Öffnen wir die Augen, um sehen zu können, woher sie kommen. Es ist nicht möglich, dass Gott seine Kirche verlassen hat. Solche Leitungspersonen müssten bereits anwesend sein, wenn auch verborgen, unerkannt, versteckt. Warten wir auf ihr öffentliches Auftreten.

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1 Dieser Ausdruck ist der Titel eines wichtigen Buches von Padre Jean Yves Calvez, Paris 1999.
2 Luis Flavio führte 2005 wegen einer geplanten Umleitung des Flusses Rio São Fran­cisco in Brasilien einen zweiwöchigen Hungerstreik durch. [Anm. d. Ü.]
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Dieser Text ist ein Auszug aus dem gleichnamigen Artikel von José Comblin in unserem Buch: „Der unterbrochene Frühling – Das Projekt des II. Vatikanums in der Sackgasse“, edition ITP-Kompass, Münster 2006, 250 S., 16, 80 Euro. Das Buch ist beim ITP (www.itpol.de) oder über den Buchhandel erhältlich.

SINAIS DOS NOVOS TEMPOS -40 ANOS DEPOIS DO VATICANO II

José COMBLIN

O problema do clero

Há uma crescente consciência na Igreja católica de que todos os problemas pastorais se concentram em torno de um problema fundamental que é o problema do clero. Não se trata das Sinais dos novos tempos pessoas, mas das estruturas. O que se questiona é o tipo de formação do clero, o modelo que se quer transmitir aos alunos, e que parece cada vez mais inadequado.

Ora, no direito canônico vigente o sacerdote ainda é tudo e o leigo não é nada, ou um pouco mais do que nada, porque toda a orientação pastoral vem dos sacerdotes, seja a partir da diocese, seja a partir da paróquia. As boas palavras com que são enunciados os cânones na nova edição do direito canônico não mudam nada dessa realidade.

Os futuros sacerdotes são preparados para administrar paróquias, não para evangelizar o mundo. Ora, as paróquias atingem apenas uma pequena proporção das pessoas que ainda se declaram católicas. A grande maioria da população está praticamente abandonada e não tem mais contatos com a Igreja como instituição. …

José Comblin

… Há uma certa proporção de sacerdotes que têm personalidade suficiente para superar os limites da sua formação, mas não se pode esperar que um grande número tenha essa capacidade.

Na nova sociedade urbana a paróquia funciona como um gueto, um mundo fechado que tende a ser auto-suficiente, que tende a envolver todos os aspectos da vida dos seus membros. Desta maneira ela tira os leigos do seu mundo e procura reservar para si própria todas as energias dos seus paroquianos. A paróquia constitui uma sub-cultura que forma uma barreira intransponível: os de fora se sentem excluídos. Por isso muitos fogem da paróquia, principalmente as pessoas que estão mais implicadas na vida social, e por isso mesmo perdem contato com a Igreja. O clero não está presente nos lugares em que se desenvolve a sua vida.

Por isso o clero não tem capacidade ou disponibilidade, nem preparação pessoal para evangelizar. Fica esperando que cheguem os fiéis, mas não vai ao encontro do mundo. Não está mentalmente, psicologicamente, intelectualmente preparado para dialogar em forma de igualdade com os homens e as mulheres que estão metidos no mundo atual. Durante 25 anos se repetiu o apelo à nova evangelização e não existe nova evangelização. Porque? Porque há uma estrutura que impede. Não há ninguém para pôr na prática essa nova evangelização. …

… A espiritualidade sacerdotal da Escola francesa do século XVII fez do sacerdote um homem separado, sagrado, reservado ao culto. Este modelo já não funciona hoje em dia. …  Infelizmente não é provável que o problema dos sacerdotes seja tratado num futuro previsível. O mais provável é que a hierarquia se entregue aos Legionários de Cristo e outros movimentos sacerdotais fanáticos e fundamentalistas, que prometem que irão solucionar o problema quantitativo do clero e inundar o mundo de sacerdotes conquistadores. Desta maneira o problema será de novo adiado, mas não realmente resolvido porque os Legionários de Cristo não vão evangelizar a sociedade atual.

Os “silêncios da doutrina social católica”

… Em segundo lugar, a doutrina social católica tem pouca repercussão na sociedade atual. Não parece ter capacidade de provocar mudanças. Nisto, a situação atual pode ser diferente da situação nos tempos de Vaticano II. Naquele tempo a democracia cristã estava nos governos em muitos países da Europa ocidental e tinha extensões em vários países da América latina, por exemplo no Chile, na Venezuela, na Costa Rica, e até no Brasil. Pode-se legitimamente atribuir à doutrina social católica uma parte de influência no estabelecimento da Sociedade de Bem-estar que se instalou na Europa ocidental depois da segunda Guerra Mundial. Hoje em dia a presença da doutrina católica é com certeza muito mais apagada.

Em terceiro lugar, Vaticano II não propôs nenhuma mudança fundamental para a sociedade. Naquele tempo o episcopado parece ter sido bastante otimista na apreciação da situação contemporânea e confiante no futuro. Deu a impressão de que achava que o sistema de Bem-estar poderia fornecer a solução aos problemas sociais do mundo. O Concílio não podia prever o retorno triunfal do liberalismo na década do 70 e nas décadas seguintes. Ninguém tinha previsto essa evolução. Mas poderia ter sido mais crítico do sistema capitalista como tal. …

… Ora, até agora há um grande silêncio da Igreja sobre o capitalismo em si. No entanto, a experiência das últimas décadas deixou muitos ensinamentos. Não basta denunciar o capitalismo selvagem, ou o capitalismo extremo, etc., é necessário exprimir o que significa para um cristão o sistema capitalista em si mesmo. É preciso dizer que todos juntos devem buscar outro modelo de sociedade. Este não se poderá construir de uma vez e será o resultado de muitas mudanças parciais. Mas é preciso saber aonde vamos, aonde temos que chegar. É preciso incentivar e apoiar todos os movimentos que elaboram um modelo alternativo de sociedade ou que lutam para instalar algumas novas estruturas inspiradas num novo modelo.

Outro problema, ligado ao atual modelo do capitalismo mundial, é a liberdade total do capital financeiro e a hegemonia que exerce de fato no governo das nações. Outro problema é o desemprego estrutural. Ao mesmo tempo estamos desde há duas décadas numa guerra das empresas contra os sindicatos, que estão agora muito deprimidos. Com isso as empresas conseguiram baixar os salários em todos os países do mundo. Os trabalhadores recebem uma porção cada vez menor do produto nacional. …

… Porém, há algo mais importante. A ação social da Igreja desde Leão XIII fez-se por meio de documentos de doutrina. Naquele tempo ainda se dava importância a documentos escritos. Hoje em dia os documentos escritos são tão numerosos que já não chamam a atenção. Precisamos de gestos significativos. Precisamos de gestos muito simbólicos, feitos no momento oportuno, numa circunstância bem escolhida. Não importa enunciar uma doutrina universal. A Igreja deve expressar-se em casos particulares em lugares e tempos únicos para dar a entender qual é a sua mensagem. Somente gestos espetaculares chamam a atenção. Por exemplo a greve de fome de dom Luis Flávio, bispo de Barra. Todas as televisões foram obrigadas a falar do assunto. Se a CNBB publica um documento sobre a questão, ninguém presta atenção.

O testemunho social da Igreja deve ser visível, situado e cheio de significado, dado por pessoas significativas. O Papa atrai mais a TV do que um bispo e um bispo mais do que um padre e um padre mais do que um leigo. Daí uma responsabilidade maior para quem está mais exposto à mídia.

Em lugar de doutrina social da Igreja precisamos de testemunho social da Igreja. O problema é que os documentos não comprometem e os gestos públicos comprometem. Para a burocracia vaticana, como em qualquer burocracia, este é o problema: como dar a impressão de tomar posição sem tomar posição? Para isso os documentos são excelentes. São redigidos com tantos matizes e tantos contornos, tantos incisos e tantos adjetivos, que dão a impressão de dizerem alguma coisa e não dizem nada. …

As duas opções

Em Medellín e Puebla os representantes dos bispos latino-americanos fizeram opção pelos pobres. Esta opção nunca foi aceita e foi combatida pela Igreja romana. … Na prática, a opção pelos pobres não se aplicou no conjunto das Igrejas, porque logo depois de Puebla estas procuraram uma aproximação maior com a burguesia, o que se deu pelos novos “movimentos”. A direção efetiva das Igrejas foi assumida cada vez mais pelos chamados “movimentos”, que são movimentos burgueses, todos com uma teologia conservadora. Hoje em dia, diante do agravamento da situação social, diante da contestação crescente que se expressa no mundo inteiro contra o sistema de globalização neoliberal, a questão reaparece: a Igreja está a favor dos ricos ou a favor dos pobres? Não se trata de uma mera questão de palavras. Pelas palavras todos estão em favor da promoção dos pobres e todos se proclamam a serviço da libertação dos pobres. Mas os discursos nada significam. É necessário ver os fatos e os resultados concretos.

Uma opção pelos ricos é muito possível e constitui uma tentação muito forte. É a opção pelo poder. … Os governos neoliberais sentem que a sua base social se torna mais frágil. … Tanto os governos como os poderes econômicos podem apreciar o apoio ideológico que as Igrejas podem lhes dar. Os poderosos podem retribuir generosamente o apoio que a Igreja pode lhes dar. O silêncio da Igreja sobre as estruturas estabelecidas já é uma grande ajuda. O silêncio tem uma força estabilizadora muito grande.

Para fazer opção pelo poder bastaria continuar na linha dominante da atualidade. Atualmente a Igreja, sobretudo na América latina, está acumulando poder e ferramentas de poder. O Opus Dei mostra o caminho, e muitos outros movimentos seguem a bandeira do poder. Eles mantêm o silêncio sobre as estruturas sociais e aproveitam as oportunidades que a sociedade capitalista lhes oferece. E são muitas.

É possível uma opção pelos pobres no sentido de Medellín e Puebla no contexto atual? A situação mudou e o conteúdo de uma opção pelos pobres também mudou. Seria uma presença dentro do conjunto de organizações que lutam contra o modelo atual. Seria uma presença da Igreja no meio dos pobres, o que somente seria possível pela promoção de missionários populares, já que o clero na sua forma atual não tem nenhuma disposição para entrar nesse caminho. Seria conceder a necessária autonomia às comunidades cristãs populares sob a direção dos seus missionários.

Há uma circunstância favorável, que é o descobrimento recente por parte da hierarquia de que as massas populares estão abandonando a Igreja Católica. Esta nova consciência pode provocar uma reflexão e uma vontade de impedir que essa fuga seja completa. Pode haver um desejo forte de conservar uma presença nas massas populares. No entanto, seria necessário ter coragem de criar as instituições e os espaços necessários para que possa surgir uma verdadeira Igreja popular. Existe o perigo de se buscar refúgio em alternativas ineficazes, como por exemplo, pensar que uma TV católica vai manter as massas no seio da Igreja. Se a Igreja católica quer manter sua presença nas massas populares precisa fazer muito mais do que isso, precisa mudar estruturas mesmo. O clero não vai poder assumir essa tarefa. Por conseguinte, precisa preparar urgentemente outro tipo de ministério, popular e missionário.

No presente momento a instituição está como numa fase de espera. Muitos aguardam que venha desde Roma uma orientação. Porém, é muito difícil que daí apareça uma orientação. As burocracias não dão orientações. Por isso a espera parece ser muitas vezes uma espera vazia. Aguardamos a chegada de lideranças autênticas para lançar e dirigir o movimento. Sem lideranças proféticas, nada vai acontecer. Abramos os olhos para ver de onde elas vão chegar. Não é possível que Deus tenha abandonado sua Igreja. As lideranças já devem estar presentes, ainda ocultas, desconhecidas, escondidas. Vamos aguardar a manifestação pública.

O texte é uma breve versão de um articulo no livro: „Der unterbrochene Frühling – Das Projekt des II. Vatikanums in der Sackgasse“, edition ITP-Kompass, Münster 2006, tamben: A primavera interrompida. O projeto Vaticano II num impasse. ISBN: 9962-02-926-0 La primavera interrumpida: el Vaticano II en un impase. http://servicioskoinonia.org/LibrosDigitales

José Comblin

Es gibt in der katholischen Kirche ein wachsendes Bewusstsein da­von, dass sich alle pastoralen Probleme um ein fundamentales Pro­blem konzentrieren, und das ist das Problem des Klerus. Dabei geht es nicht um Personen, sondern um Strukturen. Das, was in Frage gestellt wird, ist die Art der Ausbildung des Klerus, das Modell, das man den Schülern vermitteln will und das immer unangemessener wird. Nun, im geltenden kanonischen Recht bedeutet der Priester immer noch alles und der Laie nichts, oder nur ein wenig mehr als nichts. Denn alle Richtungen, die in der Pastoral eingeschlagen wer­den, gehen vom Priester aus, entweder von den Diözesen oder von den Pfarreien. Die schönen Worte, mit denen die Rechtssätze in der neuen Ausgabe des Codex Iuris Canonici formuliert werden, ändern an dieser Situation überhaupt nichts.

José Comblin

José Comblin

Die zukünftigen Priester werden darauf vorbereitet, Pfarreien zu verwalten und dafür die Welt zu evangelisieren. Nun, die Pfarreien erreichen nur einen kleinen Teil derer, die sich noch als Katholiken verstehen. Die große Mehrheit der Bevölkerung steht jedoch verlas­sen da und hat keinen Kontakt mehr mit der Kirche als Institution. …
Es gibt einige Priester, die ausreichend Persönlichkeit besitzen, um die Grenzen ihrer Ausbildung zu überschreiten, aber man kann nicht erwarten, dass viele von ihnen diese Fähigkeit besitzen. In der neuen städtischen Gesellschaft funktioniert die Gemeinde wie ein Ghetto, eine geschlossene Welt, die zur Selbstgenügsamkeit tendiert, die dazu neigt, das gesamte Leben der in ihr Lebenden zu bestimmen. Auf diese Weise entzieht die Gemeinde die Laien ihrer Welt und versucht alle Energien der Gemeindeglieder für sich in Anspruch zu nehmen. Die Pfarrei begründet eine Subkultur, die eine unüberwindbare Bar­riere um sich herum aufbaut: Die draußen fühlen sich ausgeschlossen. Deshalb fliehen viele, vor allem diejenigen, die gesellschaftlich enga­giert sind, aus der Gemeinde und verlieren so auch den Kontakt zur Kirche. Der Klerus ist nicht an den Orten präsent, an denen sich ihr Leben entwickelt.
Deshalb verfügt der Klerus weder über die Fähigkeit oder die Vor­aussetzungen noch über die persönli­che Vorbereitung, um zu evan­­ge­lisieren. Er wartet darauf, dass die Gläubigen kommen, aber er geht nicht auf die Welt zu. Er ist weder mental, psychologisch noch intel­lektuell für einen gleichberechtigten Dialog mit den Männern und Frauen vorbereitet, die in der gegenwärtigen Welt leben. 25 Jahre lang wurde immer wieder an eine neue Evangelisierung appelliert und noch immer gibt es sie nicht. Warum? Weil es eine Struktur gibt, die sie verhindert. Es gibt niemanden, der diese neue Evangelisierung in die Praxis umsetzen würde. …
Die priesterliche Spiritualität der französischen Schule des 17. Jh. machte aus dem Priester einen auserwählten, geheiligten und für die Liturgie bestimmten Mann. Dieses Modell funktioniert heute nicht mehr. …
Unglücklicherweise ist es nicht wahrscheinlich, dass das Priester­problem in absehbarer Zeit behandelt werden würde. Das wahr­schein­lich­ste ist, dass die Hierarchie sich den Legionären Christi und anderen fanatischen und fundamentalistischen Priesterbewegungen ausliefert, die ihnen versprechen, das quantitative Problem der Pries­terzahlen zu lösen und die Welt mit Eroberer-Priestern über­schwemmen werden. Auf diese Weise wird das Problem wieder ver­tagt, aber nicht wirklich gelöst. Denn die Legionäre Christi werden die Welt nicht evangelisieren.

Das „Schweigen der katholischen Soziallehre“ 1

… Zweitens hat die katholische Soziallehre kaum Auswirkungen auf die gegen­wärtige Gesellschaft. Sie scheint keine Wirkmächtigkeit zu haben, gesellschaftliche Veränderungen hervorzurufen. Diesbezüglich ist die aktu­elle Situation zu der des II. Vatika­nums wohl sehr unter­schied­lich. … Man kann der Soziallehre legitimerweise einen gewissen Einfluss auf die Durchsetzung des Sozialstaates zuschrei­ben, wie er in Westeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg installiert wurde. Heutzutage ist der Einfluss der katholischen Soziallehre mit Sicherheit wesentlich geringer.
Drittens schlug das II. Vatikanum absolut keinen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel vor. In dieser Zeit schien der Episkopat ziemlich optimistisch zu sein, was die Einschätzung der da­maligen Situation anging, und er war bzgl. der Zukunft zuversichtlich. Es schien so, als glaubte man, der Sozialstaat sei die Lösung aller Pro­bleme der Welt. Das Konzil konnte die triumphale Rückkehr des Liberalismus in den siebziger und den folgenden Jahren nicht voraus­sehen. Niemand hatte diese Situation vorausgesehen. Aber man hätte dem kapitalistischen System gegenüber an sich kritischer sein können. …
Nun, bis jetzt gibt es ein großes Schweigen der Kirche über den Kapitalismus an sich. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte haben jedoch einiges gelehrt. Es reicht nicht, den wilden oder extremen Kapitalismus zu kritisieren, wir müssen zum Ausdruck bringen, was das kapitalistische System an sich für einen Christen bedeutet. Alle gemeinsam müssen nach einem anderen Gesellschaftsmodell suchen. Dieses kann nicht auf einmal entstehen, sondern wird das Ergebnis vieler Veränderungen sein. Aber wir müssen wissen, wohin wir wol­len, wohin wir kommen müssen. Wir müssen alle Bewegungen ermu­tigen und unterstützen, die alternative Gesellschaftsmodelle entwi­ckeln oder dafür kämpfen, um einige neue Strukturen durchzusetzen, die von einem neuen Modell inspiriert sind.
… Ein weiteres Problem ist die strukturelle Ar­beitslosigkeit. Seit zwanzig Jahren befinden wir uns in einem Krieg der Unternehmen gegen die Gewerkschaften, die nun sehr ge­schwächt sind. Damit fahren die Unternehmen in der ganzen Welt fort, die Löhne der Arbeiter zu drücken: Arbeiter haben immer weni­ger Anteil am Bruttoinlandsprodukt. …
Aber es gibt noch etwas viel wichtigeres. Das soziale Handeln der Kirche seit Leo XIII. wurde durch Lehrdokumente vermittelt durch­geführt. In dieser Zeit schenkte man geschriebenen Dokumenten noch Aufmerksamkeit. Heutzutage gibt es eine solche Flut von Do­kumenten, dass ihnen niemand mehr Aufmerksamkeit schenkt. Wir brauchen bedeutsame Gesten. Wir brauchen symbolische Gesten im geeigneten Moment unter gut gewählten Bedingungen. Man braucht keine universale Lehre zu verkünden. Die Kirche muss sich zu be­sonderen Gelegenheiten an einmaligen Orten und Zeiten ausdrücken, um verständlich zu machen, worin ihre Botschaft besteht. Nur spek­takuläre Gesten erheischen Aufmerksamkeit, wie z. B. der Hunger­streik des Bischofs von Barra, Luis Flávio2 . Alle Fernsehsender waren gezwungen, über dieses Ereignis zu berichten. Wenn die Brasiliani­sche Bischofskonferenz ein Dokument zu diesem Thema veröffent­licht, interessiert das niemanden.
Das soziale Zeugnis der Kirche muss sichtbar werden, verankert im Bedeutsamen, von bedeutsamen Personen gegeben. Der Papst lockt das Fernsehen stärker an als ein Bischof, ein Bischof mehr als ein Priester und ein Priester mehr als ein Laie. Diejenigen, die stärker der Öffentlichkeit ausgesetzt sind, haben eine größere Verantwor­tung.
Im Falle der Soziallehre der Kirche brauchen wir ein soziales Zeugnis der Kirche. Das Problem besteht darin, dass Do­ku­mente nicht verpflichten, öffentliche Zeichen aber verpflichten. Für die vatikanische Bürokratie wie für jede Büro­­kratie ist genau das das Problem: Wie den Eindruck vermitteln, dass man Position bezieht, ohne eine Position zu bezieh­en? Dafür eignen sich Dokumente her­vorragend. Sie sind mit so vielen Farbtönen, so vielen Konturen, soviel Stil und Eigenschaften redigiert, dass sie den Eindruck vermit­teln, als würden sie etwas sagen, und sagen doch nichts.

Die zwei Optionen

In Medellín und Puebla haben die Repräsentanten der lateinamerika­nischen Bischöfe die Option für die Armen getroffen. Diese Option wurde von der römischen Kirche nie akzeptiert, sondern bekämpft. … In der Pra­xis hat sich die Option für die Armen in den Kirchen insgesamt nie durchgesetzt, weil diese direkt nach Puebla eine größere Annäherung an die Bourgeoisie durch die sog. „neuen Bewegungen“ suchten. Die tatsächliche Richtung der Kirche wurde immer mehr von diesen so­genannten „Bewegungen“ bestimmt, die ausschließlich bürgerliche Bewegungen mit einer konservativen Theologie waren.
Heutzutage taucht die Frage angesichts der Verschlechterung der sozialen Verhältnisse, angesichts der wachsenden Anfechtung in der ganzen Welt gegen das System neoliberaler Globalisierung wieder auf: Steht die Kirche zu Gunsten der Reichen oder der Armen ein? Es handelt sich dabei nicht nur um eine Frage von bloßen Worten. In Worten sind alle für die Armen und alle erklären sich zum Dienst für die Befreiung der Armen bereit. Aber die Diskurse bedeuten nichts. Man muss die Taten und konkreten Ergebnisse in den Blick nehmen.
Eine Option für die Reichen ist sehr gut möglich und stellt eine starke Versuchung dar. Es ist die Option für die Macht. … Die neoliberalen Regierungen fühlen, dass ihre soziale Basis immer schwächer wird. … Sowohl die Regie­run­gen als auch die Wirtschaft können die ideologische Unterstützung, die ihnen die Kirchen geben können, zu schätzen wissen. Und die Mächtigen können die Hilfe, die ihnen die Kirchen geben können, großzügig zurückgeben. Bereits das Schweigen der Kirche über die existierenden Verhält­nisse ist eine große Hilfe. Das Schweigen besitzt eine sehr starke stabilisierende Wirkung. Um eine Option für die Macht zu treffen, würde es ausreichen, die dominierende Linie weiterzuführen. Zur Zeit akkumuliert die Kirche vor allem in Lateinamerika Macht und Instrumente der Macht. Das Opus Dei zeigt den Weg und viele andere Bewegungen folgen der Fahne der Macht. Sie schweigen angesichts der sozialen Verhältnisse und nutzen die Möglichkeiten, die ihnen die kapitalistische Gesell­schaft bietet – und davon gibt es viele.
option-1.jpg Ist eine Option für die Armen im Sinne von Medellín und Puebla gegenwärtig möglich? Die Verhältnisse haben sich verändert und der Inhalt einer Option für die Armen ebenfalls. Heute würde sie bedeu­ten, präsent zu sein innerhalb der Gesamtheit von Organisationen, die gegen das gegenwärtige Modell kämpfen. Sie wäre eine Präsenz der Kirche inmitten der Armen, was nur durch die Förderung von Missionaren aus dem Volk selber möglich wäre, da der Klerus in seiner gegenwärtigen Verfassung keine Voraussetzungen dafür be­sitzt, diesen Weg zu gehen. Es hieße, die notwendige Autonomie der Basisgemeinden unter ihrer eigenen Leitung zu gewähren.
Ein günstiger Umstand dafür ist, dass einige Teile der Hierarchie kürzlich entdeckt haben, dass die großen Massen des Volkes die ka­tholische Kirche verlassen. Dieses neue Bewusstsein könnte eine Nachdenklichkeit und den Willen hervorrufen, zu verhindern, dass dieser Auszug komplett voll­zogen wird. … Es wäre jedoch erforderlich, den Mut zu haben, notwendige Institutionen und Räume zu schaffen, die eine wahre Kirche der Basis hervorbringen könnten. … Wenn die Kirche die Menschen wirklich halten will, muss sie … ihre Strukturen selbst ändern. Der Klerus wird diese Aufgabe nicht übernehmen. Daher müssen wir dringlichst einen anderen Typus des Amtes vorbereiten, der von der Basis ausgeht und missionarisch ist.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt befindet sich die Institution wie in einer Wartehaltung. Viele warten darauf, dass aus Rom eine Richtung vorgegeben wird. Aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass von dort eine Richtung vorgegeben wird. Die Bürokratien geben keine Rich­tung an. Deshalb ist das Warten oftmals sinnloses Warten.
Wir erwarten das Kommen authentischer Personen, die die Be­wegung anstoßen und leiten. Ohne prophetische Führungen wird nichts geschehen. Öffnen wir die Augen, um sehen zu können, woher sie kommen. Es ist nicht möglich, dass Gott seine Kirche verlassen hat. Solche Leitungspersonen müssten bereits anwesend sein, wenn auch verborgen, unerkannt, versteckt. Warten wir auf ihr öffentliches Auftreten.

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1 Dieser Ausdruck ist der Titel eines wichtigen Buches von Padre Jean Yves Calvez, Paris 1999.
2 Luis Flavio führte 2005 wegen einer geplanten Umleitung des Flusses Rio São Fran­cisco in Brasilien einen zweiwöchigen Hungerstreik durch. [Anm. d. Ü.]
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Dieser Text ist ein Auszug aus dem gleichnamigen Artikel von José Comblin in unserem Buch: „Der unterbrochene Frühling – Das Projekt des II. Vatikanums in der Sackgasse“, edition ITP-Kompass, Münster 2006, 250 S., 16, 80 Euro. Das Buch ist beim ITP (www.itpol.de) oder über den Buchhandel erhältlich.