Was soll uns die Gottesfrage?

Bald nach dem Konzil wurde deutlich, dass inzwischen die Gottesfrage in eine grundlegende Krise kam. Das Konzil konnte noch relativ beruhigt von Gott reden und das Bekenntnis an ihn voraussetzen. Inzwischen sind alle Selbstverständlichkeiten, wenn sie es je waren, in diesem Bereich Vergangenheit.“ Karl Kardinal Lehmann in: Zweites Vatikanisches Konzil – Ende oder Anfang?

Gebrauchsanleitung

Mit diesem Post möchte ich eine Diskussion für die vorgesehene Werkstatt „Gottesfrage“ eröffnen. Dafür ist die Mitwirkung aller Interessierten wichtig. Zunächst einmal ist es kein vorgegebener Arbeitskreis, keine bereits vorhandene Gemeinschaft, die hinter diesem Thema steht. Deshalb müssen sich die Teilnehmer auf diese elektronische Art finden. Und je mehr wir uns im Vorfeld damit auseinandergesetzt haben, desto zielführender können wir die Live-Veranstaltung beim Treffen vorbereiten. Zu diesem Zweck habe ich für diesen Post die Kommentarfunktion für alle Teilnehmer von pro-konzil freigeschaltet.

Also: Einfach unten Name und Mailadresse angeben, Kommentar eintippen und mit der Maus auf „Kommentar senden“ gehen. Dann erscheint der Kommentar mit dem Namen in der Überschrift (die Mailadresse ist NICHT sichtbar, also keine Angst).  Für jeden neuen Kommentator muss ich den ersten Kommentar freischalten, d.h., es kann ein bisschen dauern, bis er erscheint. Also in diesem Fall bitte ein bisschen Geduld! Die nächsten Kommentare erscheinen dann sofort.

Jahr des Glaubens

Papst Benedikt hat zum 50. Jahrestag des Konzils ein „Jahr des Glaubens“ aufgerufen. Er hat, zuerst als Präfekt der Glaubenskongregation und dann als Pontifex, intelligent, zäh und erfolgreich an dem Rollback des Konzils gearbeitet. Obwohl dieses Vorhaben nicht hundertprozentig erfolgreich sein kann, hat sich doch im Wesentlichen die Tendenz durchgesetzt, das Konzil anhand des Wortlauts seiner Dokumente zu interpretieren. Diese Dokumente sind als Kompromiss zwischen freiheitlichen und reaktionären Tendenzen entstanden und spiegeln den damaligen Geist des Aufbruchs – eben den Geist des Konzils nur unzureichend wieder. Diese Texte dienen nun als wirkungsvoller Bleisarg, in dem diese wundervolle und für die Hierarchie so gefährliche Versammlung seiner Endlagerung zugeführt wird, zusammen mit seinen letzten Vertretern in Klerus und Episkopat.

Das „Jahr des Glaubens“ zum 50. Jubiläum ist kein Zufall, das hieße, den Meisterstrategen auf dem Papststuhl zu unterschätzen. Vielmehr wird damit zum Todesstoß auf das konziliaren Gedächtnisses angesetzt, indem man seine schwächste Seite, eben die Glaubensinhalte betreffend, ins allgemeine Bewusstsein hebt und der Welt dadurch klar macht, dass das Konzil zu diesen Grundlagen nichts zu sagen hat und damit als irrelevant ad acta gelegt werden kann.

Die unvermeidbare Schwäche

Die Gottesfrage steht für die innersten und wichtigsten Inhalte des Glaubens. Und die Schwäche an diesem Punkt ist der konziliaren Bewegung angeboren: Eines der Befreiungsmomente des Konzils war es sicher, den Glauben des Einzelnen aus seiner dogmatischen Umklammerung zu lösen und hier ein freies Denken und Empfinden zuzulassen. Ergebnis war, zunächst dass auf der Grundlage einer vorangegangenen, intensiven Sozialisierung in Glaubensdingen eine Explosion von Kreativität stattfand, ein Furor des Aufbruchs (dies allerdings von der Warte eines präkonziliaren Katholizismus aus gesehen, für viele Evangelische war dies großenteils der Nachvollzug von Prozessen, die bei ihnen längst stattgefunden hatten).

Für eine Werkstatt „Gottesfrage“ bei pro-konzil hat dies allerdings Folgen: Wenn wir diese Ungebundenheit eines subjektiven und freien Denkens und Empfindens als nicht verhandelbare Grundlage jeder Arbeit werten, setzen wir bereits zu Beginn eine Schranke für jedes denkbare Ergebnis: Es muss im Bereich der Frage bleiben und sich selbst eine Antwort versagen. Eine Antwort hieße ja einen Konsens, dass es so und so ist, und sei es nur als vorläufige Hypothese. Aber bereits eine solche Hypothese würde den Bereich der möglichen, freien Selbstinterpretation auf diesem Gebiet einschränken. Zu jedem „so ist es (eher)“ gehört ja auch ein „und anders ist es (eher) nicht“. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Diskussion mehrere von einander abweichende Antworten auf die Gottesfrage ergibt. Hinter jeder davon steht ja die Aussage: „So, wie es die anderen formuliert haben, sehe ich es nicht. Ich meine vielmehr, es ist so und so.“

Ein solcher Blumenstrauß unterschiedlicher Antworten kann natürlich fruchtbar sein. Aber fruchtbar wozu? Entweder dazu, dass sich jeder selbst heraussuchen kann, was davon angenehmer oder inspirierender für ihn ist. Dazu braucht es aber keine Werkstatt, sondern dafür ist es produktiver, dass jeder einzelne eine oder mehrere Antworten entwickelt und an das schwarze Brett hängt: Denn je bunter die Auswahl ist, desto leichter fällt es auch, etwas Passendes zu finden.

Oder man fasst einen solchen Blumenstrauß als Herausforderung auf, weiter und tiefer zu denken, das Gemeinsame daran zu finden und auf den Punkt zu bringen. Aber eben das heißt: Nach einer immer besseren Antwort zu suchen.

Dennoch: Weiterkommen. Ein Stück wenigstens

Steht also über der Diskussion zu diesem Thema ein Wille oder die Sehnsucht, bei der Gottesfrage ein Stück weit voranzukommen, immer unter dem allgemein menschlichen Vorbehalt, dass wir überhaupt scheitern können oder aber uns irren können und es dann eben besser machen müssen?

Ich meine: Dazu sind wir verpflichtet. Die Alternative lautet nämlich, selbstzufrieden im eigenen Saft zu schmoren, bis mit dem letzten Konziliaren auch der letzte Impuls gestorben ist, zu einer Wahrheit zu finden jenseits einer sterilen Dogmatik, wie sie z.Zt. wieder in der katholischen Kirche durchgesetzt wird.

Dazu sind wir auch verpflichtet, um die nachwachsende Generation junger Katholiken nicht völlig wehrlos an den römischen Gleichschritt auszuliefern. Wenn man sich im Internet umsieht und z.B. die Blogs katholischer Laien betrachtet, dann marschieren über 90% davon in diesem Gleichschritt. Sie tun dies unter anderem, weil sie hier eine andere Vorstellung von Gott finden als die einer allgemeinen Wohlfühlharmonie im Universum, wie sie in jedem esoterischen Buchladen zu kaufen ist.

Wir müssen und, wie ich fest glaube, wir können ihnen mehr sagen. Ich versuche das zur Zeit auf meinem Blog (hier klicken) Und vielleicht ergeben sich ja auch hier Gedanken, die uns weiterbringen.

Was meinen Sie?

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